Wien/Linz (OTS) – Die staatlich anerkannten Schuldenberatungen zeigen
auf, warum diese
ungleiche Gewichtung äußerst problematisch ist und weder
gesellschaftlich noch ökonomisch Vorteile bringt.
Ab Mitte 2026 soll die Entschuldungsdauer für nicht
unternehmerisch tätig gewesene Privatpersonen (juristisch
„Verbraucher*innen“) wieder mindestens 5 Jahre betragen. „ Tritt das
tatsächlich in Kraft, wären die Folgen fatal. “, warnt Clemens
Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, der
Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in
Österreich. „ Und zwar nicht nur für überschuldete Personen und ihre
Familien, sondern auch für den Arbeitsmarkt, die Wirtschaft und das
Gesundheitssystem. Selbst Gerichte und Gläubiger*innen profitieren
von einer kürzeren Entschuldungsdauer. “
Zwtl.: Problematik bei Gleichheitsrecht
Überschuldete Verbraucher*innen und ehemals Selbständige befinden
sich in wirtschaftlich ähnlichen Situationen. Beide Personengruppen
sind bei den Überschuldungsgründen sowohl von externen Faktoren (etwa
wirtschaftliche Lage oder Krankheit) als auch von eigenen ungünstig
getroffenen finanziellen Entscheidungen betroffen. Eine
unterschiedliche Entschuldungsdauer führt zu einer Diskriminierung
aufgrund der Erwerbsform. Menschen, die als Verbraucher*innen
überschuldet sind, werden damit automatisch und systematisch
schlechter gestellt als solche, die als Unternehmer*innen tätig
waren.
Zusätzlich problematisch ist, dass Frauen seltener selbstständig
tätig sind als Männer und damit stärker von einer Verlängerung der
Entschuldungsdauer für Verbraucher*innen betroffen sind. „ Bereits
bestehende strukturelle finanzielle Benachteiligungen bei Frauen, wie
Gender Pay Gap, Teilzeitfalle, Karenz und unbezahlte Care-Arbeit,
verstärken sich damit weiter. “, so Mitterlehner.
Zwtl.: Zurückgezahlte Quoten
Die ASB Schuldnerberatungen GmbH hat als Treuhänderin in
Abschöpfungsverfahren, einer Form des Schuldenregulierungsverfahrens,
die zurückbezahlten Quoten analysiert. Stellt man die
unterschiedlichen Laufzeiten gegenüber, zeigt sich, dass kürzere
Verfahren oft höhere Rückzahlungen der Schulden erzielen.
Eine Gegenüberstellung der überschuldeten Personengruppen
Verbraucher*innen und ehemalige Selbstständige zeigt zudem, dass
Verbraucher*innen nicht nur deutlich weniger Schulden haben, sondern
auch in der Entschuldung eine mehr als doppelt so hohe
Rückzahlungsquote erzielen. Es wäre nicht sachgerecht, sie mit einer
längeren Verfahrensdauer zu bestrafen.
Zwtl.: Ökonomische Argumente
Eine kürzere Entschuldungsdauer ermöglicht eine schnellere
wirtschaftliche Reintegration und entlastet Justiz sowie
Gesundheitswesen. Schulden machen nachweislich krank. Der Staat muss
bei einer früheren Entschuldung somit weniger gesundheitliche
Folgekosten sowie auch Transferleistungen tragen. Empirische Studien
belegen zudem, dass kürzere Entschuldungsverfahren die Motivation zum
Durchhalten im Schuldenregulierungsverfahren erhöhen und somit
positive Abschlüsse begünstigen.
Mitterlehner: „ Die Möglichkeit einer 3-jährigen
Entschuldungsdauer für alle muss bleiben! Wir fordern die Regierung
auf, zeitnah die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Es sind nur
wenige Buchstaben im Gesetz, die für die Betroffenen aber einen
riesigen Unterschied machen. Zudem profitieren der Staat und die
ganze Gesellschaft von der 3-jährigen Entschuldung. Falls die
Regierung keine entsprechende Entscheidung treffen sollte, raten uns
Expert*innen zu einem Gang vor den Verfassungsgerichtshof. Einer
Verfassungsklage wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes werden
gute Chancen eingeräumt. Dieser für alle mühsame und aufwändige Weg
könnte durch eine rechtzeitige Entscheidung der Regierung verhindert
werden. “
Hintergrundmaterial: www.schuldenberatung.at