München (OTS) – München (ots)
– LMU-Forschende entwickeln erstmals in München hocheffiziente
Perowskit-Silizium-Tandemzellen.
– Durch gezieltes molekulares Design steigert das Team Stabilität und
Ladungstransport auf Siliziumzellen in Industriequalität und erreicht
eine Effizienz von 31,4 Prozent.
– Die Technologie ist auf den Einsatz in industriellen Photovoltaik-
Anwendungen sowie in Satelliten im niedrigen Erdorbit ausgerichtet.
Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen gelten als
Schlüsseltechnologie für die Photovoltaik. Ihr Aufbau erlaubt es,
Sonnenlicht effizienter zu nutzen als bei herkömmlichen
Siliziumzellen: Während die obere Perowskit-Schicht den
energiereichen blauen Anteil des Lichts absorbiert, fängt die
darunterliegende Silizium-Schicht den roten Bereich ein. Das
Zusammenspiel beider Materialien ermöglicht eine deutlich höhere
Lichtausbeute.
Ein internationales Forschungsteam um Dr. Erkan Aydin ,
Forschungsgruppenleiter an der LMU, hat diesen Ansatz nun
entscheidend weiterentwickelt. Im Fachjournal Joule berichten die
Forschenden über die erste Perowskit-Silizium-Tandemzelle, die
vollständig in der Münchner Region gefertigt wurde.
Kooperationspartner sind die Southern University of Science and
Technology (SUSTech) in Shenzhen, China, die City University of Hong
Kong und die King Abdullah University of Science and Technology (
KAUST) in Saudi-Arabien.
Ein neuer Ansatz beim Moleküldesign
Zentrales Element der Tandemzellen ist die selbstorganisierte
Monoschicht (Self-Assembled Monolayer, SAM). Diese nur wenige
Nanometer dünne molekulare Schicht sorgt dafür, dass elektrische
Ladungen effizient zu den Ladungssammelschichten transportiert
werden. Auf pyramidenförmig strukturierten Siliziumoberflächen neigen
herkömmliche SAMs mit einfachen Alkylketten jedoch dazu,
ungleichmäßig zu aggregieren. Das schränkt die Leistungsfähigkeit der
Zellen ein.
Um dieses Problem zu lösen, entwickelten die Forscherinnen und
Forscher ein spezielles Molekül. Seine besondere Struktur verbessert
den Ladungstransport selbst auf rauen Oberflächen und schafft damit
die Grundlage für eine stabile Grenzfläche.
Bei Analysen machte das Team eine überraschende Beobachtung: Eine
handelsübliche SAM-Vorstufe enthielt winzige Mengen Brom-haltiger
Verunreinigungen. Diese erwiesen sich als äußerst nützlich, da sie
Defekte an der Grenzfläche neutralisieren und so die Effizienz der
Solarzellen steigern.
„Dass eine so kleine chemische Veränderung eine derart große
Wirkung entfalten kann, hat uns selbst überrascht“, erklärt
Projektleiter Aydin. „Diese Erkenntnis zeigt, wie entscheidend das
präzise Zusammenspiel von Materialien auf molekularer Ebene für den
Energieertrag neuartiger Solarzellen ist.“
Die Forschenden kombinierten bromierte und nicht bromierte
Moleküle, um die positiven Effekte des Broms zu nutzen, ohne die
chemische Stabilität zu beeinträchtigen. Ihre neu entwickelte SAM-
Struktur ermöglicht eine dichtere Molekülpackung und eine bessere
Passivierung der Grenzfläche – was wiederum höhere Wirkungsgrade,
eine gesteigerte Stabilität und eine effizientere Ladungsextraktion
bewirkt.
31,4 Prozent Effizienz
Durch diese gezielte Feinsteuerung auf Molekülebene erreichte das
Team eine Effizienz der Zellen von 31,4 Prozent. Damit gehört das
Team zu den weltweit führenden Laboren in der Entwicklung von
Hochleistungs-Perowskit-Silizium-Tandemzellen. Besonders
bemerkenswert ist, dass diese Werte auf industriell relevanten
kristallinen Silizium-Bottom-Zellen erzielt wurden. Neben der
Effizienzsteigerung zeigte sich auch eine verbesserte Stabilität der
Zellen über längere Zeiträume. Die dichtere molekulare Packung der
neuen SAMs schützt die empfindliche Grenzfläche vor Schäden auf
molekularer Ebene.
„Als nächsten Schritt wollen wir zeigen, dass unsere Tandemzellen
ihre Leistungsfähigkeit nicht nur im Labor unter Beweis stellen,
sondern auch in beschleunigten Alterungstests, die Aufschluss über
ihr Verhalten unter realen Umweltbedingungen geben“, sagt Aydin.
„Parallel dazu prüfen wir, wie sich die Technologie für den Einsatz
in der Raumfahrt anpassen lässt – insbesondere für Satelliten in
niedrigen Erdumlaufbahnen.“ Gerade in diesem Bereich wachse das
Interesse an besonders leichten, leistungsfähigen und
strahlungsresistenten Solarzellen rasant.
Publikation
Jian Huang, Letian Zhang, Cem Yilmaz, Geping Qu, Ido Zemer, Rik
Hooijer, Siyuan Cai, Ali Buyruk, Hao Zhu, Meriem Bouraoui, Achim
Hartschuh, Ryota Mishima, Kenji Yamamoto, Caner Deger, Ilhan Yavuz,
Alex K.-Y. Jen, Esma Ugur, Stefaan De Wolf, Igal, Levine4, Zong-Xiang
Xu, Erkan Aydin: Enhanced Charge Extraction in Textured Perovskite-
Silicon Tandem Solar Cells via Molecular Contact Functionalization.
Joule, doi: https://doi.org/10.1016/j.joule.2025.102227
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Erkan Aydin
Ludwig-Maximilians-Universität München
Department Chemie
Butenandtstr. 5-13
81377 München
E-Mail: [email protected]
Tel.: +49 89 2180-77805