Gaál: „Nur Ja heißt Ja“: Stadt Wien startet Kampagne zur Prävention sexualisierter Gewalt

Wien (OTS) – Mit der wienweiten Kampagne zum Zustimmungsprinzip „Nur
Ja heißt Ja“
wird ein starkes Zeichen für die Stärkung der sexuellen
Selbstbestimmung gesetzt. Die Einführung eines Zustimmungsprinzips
ist ein entscheidender Schritt, um sexualisierte Gewalt konsequenter
zu verhindern und gerecht zu ahnden.

„Gewalt und sexualisierte Übergriffe sind nie akzeptabel! Egal ob
zu Hause, am Arbeitsplatz, im Club oder im öffentlichen Raum – nichts
legitimiert eine Opfer- Täter- Umkehr! Es sollte vollkommen
selbstverständlich sein, dass sexuelle Handlungen nur unter absoluter
Zustimmung passieren, also wenn alle Beteiligten das auch wollen. Ein
Outfit ist aber kein Ja! Ein Lächeln ist kein Ja, gemeinsames
Fortgehen ist kein Ja, ein gemeinsamer Arbeitsplatz ist kein Ja und
auch eine Beziehung ist kein automatisches Ja!“, betont
Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál. „Die Kampagne
richtet sich ganz bewusst an Frauen und Männer, denn Gewaltschutz
braucht uns alle.“

Bei den Kampagnensujets werden die verschiedenen Lebensbereiche
Beziehungen, Arbeitsplatz und Ausgehen adressiert. Die Kampagne
richtet sich an die Bevölkerung und soll ein Umdenken anstoßen, wenn
es etwa um gängige Schuldzuweisungen an Opfer geht, wie z.B. dass
knappe Kleidung einen sexuellen Übergriff rechtfertige.

In ganz Wien werden die Sujets an City Lights zu sehen sein.
Darüber hinaus gibt es Printanzeigen, Radiospots, und Social Media-
Videos.

„Wir müssen weg von der Vorstellung, dass Frauen und Mädchen sich
wehren müssen, um geschützt zu sein. Und dass ihnen eine Mitschuld an
einem Übergriff gegeben wird, wenn das „Nein“ vermeintlich nicht laut
oder eindeutig genug war. Für sexuelle Übergriffe und Gewalt gibt es
keine Rechtfertigung und keine Entschuldigung. Es ist ein Verbrechen.
Und für ein Verbrechen gibt es keine Grauzone“, erklärt NEOS-
Abgeordnete Dolores Bakos.

Ein klares Ja schützt Betroffene – aber auch alle anderen, weil
es Grenzen und Erwartungen im Vorfeld (sexueller Handlungen)
eindeutig macht“, Konsens braucht ein aktives „Ja“ und bedeutet eine
bewusste, freiwillige und eindeutige Vereinbarung über eine sexuelle
Handlung. Schweigen, Unsicherheit oder ein „Vielleicht“ sind keine
Zustimmung.

Da Menschen Begriffe wie zum Beispiel „etwas miteinander haben“
und Handlungen mitunter völlig unterschiedlich interpretieren,
brauche es klare Kommunikation. „Offene Gespräche schützen alle
Beteiligten und verhindern Missverständnisse. Das kann für Frauen*
und Männer herausfordernd und neu sein, kann aber erlernt werden“,
ergänzt die Leiterin des 24-Stunden Frauennotrufs Heidemarie Kargl.
„Wir müssen klar benennen, dass bestimmte Verhaltensweisen keine
Graubereiche sind, sondern Grenzüberschreitungen. Leider werden diese
Forderungen teilweise ins Lächerliche gezogen, aber Konsens ist
selbstverständlich kein bürokratischer Akt, sondern respektvolle
Kommunikation. Fragen wie ‚Darf ich?‘ oder ‚Möchtest du das?‘
schaffen Nähe und Vertrauen.“

Derzeit ist im österreichischen Sexualstrafrecht das „Nein heißt
Nein“-Prinzip verankert: es stellt eine Verletzung der sexuellen
Selbstbestimmung dar, wenn gegen den Willen einer Person, der
Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche
Handlung vorgenommen wird. Dabei wird allerdings eine sehr gut
dokumentierte Reaktion von Opfern sexueller Übergriffe nicht
berücksichtigt: Viele Menschen geraten in bedrohlichen Situationen in
eine Schockstarre („Freezing“) und können sich nicht körperlich oder
verbal wehren.

„Eine Person, die erstarrt, kann weder Ja noch Nein sagen – aber
gerade deshalb braucht es ein Gesetz, das aktive Zustimmung verlangt.
Schweigen darf nie als Zustimmung gewertet werden. Recht setzt
Standards. Wenn das Gesetz klar macht, dass es ein Ja braucht,
verändert das auch gesellschaftliche Normen “, so Gemeinderätin
Marina Hanke.

Länder wie Spanien, Schweden oder Norwegen haben im Rahmen der
Einführung von „Nur Ja heißt Ja“-Gesetzgebungen bereits gezeigt, dass
ein Zustimmungsprinzip das Bewusstsein in der Bevölkerung stärkt und
Betroffene besser schützt.

Das Einholen von Zustimmung ist bereits gelebte Prävention
sexualisierter Gewalt. Es stärkt persönliche Grenzen und fördert
Respekt in Beziehungen. Wichtig ist, dass die Zustimmung freiwillig,
informiert, eindeutig, konkret und jederzeit widerrufbar ist.

Keine eindeutige Zustimmung liegt vor, wenn etwa Zögern,
Unsicherheit oder Schweigen missinterpretiert werden, jemand schläft,
bewusstlos oder stark beeinträchtigt ist, die Zustimmung durch Angst,
Druck oder Manipulation erzwungen wird, frühere sexuelle Kontakte als
automatische Zustimmung gelten oder wenn Handlungen ohne Zustimmung
geändert werden.

Angebote für Betroffene: 24-Stunden Frauennotruf

Der 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien ist eine kostenlose,
vertrauliche und barrierefreie Anlaufstelle für Frauen und Mädchen ab
14 Jahren.

„Viele Betroffene wissen nach einer belastenden Situation nicht,
ob das, was sie erlebt haben, einvernehmlich war. Wir helfen beim
Einordnen – ohne Druck, ohne Urteil“, erklärt Kargl.

Der Frauennotruf bietet Beratung und Entlastung sowie
Hilfestellungen zur Stärkung der eigenen Grenzen.

Kontakt: 01/71 71 9 – rund um die Uhr

Informationen zur Kampagne und zu „Nur Ja heißt Ja“:

www.wien.gv.at/gewaltschutz

Angebote für Männer: Männerberatung Wien

Auch Männer benötigen Räume, um über Grenzen, Rollenbilder und
Sexualität zu sprechen.

Die Männerberatung Wien unterstützt Männer und Burschen darin,
eigene und fremde Grenzen zu erkennen, Rollenbilder zu hinterfragen,
Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen und gesunde,
respektvolle Beziehungen zu führen.

Viele Grenzüberschreitungen entstünden aus Unsicherheit, nicht
aus Absicht. Rede- und Reflexionsräume seien daher zentrale
Präventionsarbeit.

Weitere Informationen: www.maenner.at