Linz (OTS) – Rund 240 Fachpersonen aus Hospiz- und Palliativarbeit,
Gesundheitswesen, Sozialbereich, Bildung sowie engagierte
Interessierte nahmen am 6. November 2025 am bundesweiten Fachtag von
HOSPIZ ÖSTERREICH in Linz teil. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie
Hospiz und Palliative Care alle Menschen erreichen kann – unabhängig
von Herkunft, Sprache, Behinderung, sozialer Lage oder Identität.
Zwtl.: Sprache, Mut und Beziehung als Schlüssel
Den Auftakt bildete die Keynote des Schriftstellers Dimitré Dinev
, der die Rolle von Sprache für ein würdevolles Miteinander betonte:
„Sprache unterbricht die Gewalt. In den Dialog zu treten heißt, den
anderen anzuerkennen.“ Mut bedeute nicht Stärke, so Dinev, sondern
Offenheit – auch gegenüber Lebensrealitäten, die uns fremd
erscheinen.
Marianne Buchegger knüpfte daran an und erinnerte daran, dass
Menschen mit Demenz „bis zuletzt Menschen bleiben – mit dem Bedürfnis
nach Sicherheit, Beziehung und Wertschätzung“. Zentral sei die
validierende Grundhaltung : Menschen so anzunehmen, wie sie sind – im
Geist der Absichtslosigkeit.
Wie Sprache Brücken baut, zeigte Petra Haderer anhand der
Gesundheitslots:innen , die Menschen in ihrer Muttersprache zum
österreichischen Gesundheitssystem informieren und beraten. „Es geht
nicht um Dos and Don’ts, sondern darum, Unsicherheiten auszuhalten
und neugierig zu bleiben.“
Zwtl.: Wer wird (noch) nicht erreicht?
Unter dem Titel „Mut zur Diversität“ machte Prof. Dr. Elisabeth
Reitinger deutlich, dass Hospiz- und Palliative Care zwar für
vulnerable Menschen geschaffen wurde, aber nicht alle erreicht:
„Alter, Armut, Krankheit, Migration, Behinderung oder queere
Identität beeinflussen ganz konkret, wie jemand Zugang zu Versorgung
bekommt.“ Zuhören sei der erste Schritt zu echter Teilhabe und die
„Gastfreundschaft der Seele“.
Ein Podiumsgespräch vertiefte diese Perspektive an konkreten
Beispielen:
–
„Inklusion hört beim Sterben nicht auf“, sagte Bestatter Matthias
Dvoracek , der gehörlose Kunden in Gebärdensprache betreut.
–
Dr. Monika Stark, med4hope, schilderte eindrücklich, wie
wohnungslose Menschen ohne Versicherung am Lebensende oft ohne
medizinische Versorgung bleiben. „Viele glauben selbst, sie seien
nichts wert.“
–
Dr. Axel Doll, AG LGBTIQ+ der Deutschen Gesellschaft für
Palliativmedizin, betonte, dass „Pseudotoleranz“ nicht reicht: „Wir
sterben nicht alle gleich – anderen zuhören und ihre Lebenswelten
verstehen ist der Schlüssel.“
–
Gianluca Iannantuoni, Hospizbewegung Diakonie, wies darauf hin,
wie individuell Kommunikation ist. „Was für mich normal ist, ist für
mein Gegenüber vielleicht irrelevant.“
Zwtl.: Lernen, Vernetzen, Weiterdenken
In 19 „Meet-the-Expert“-Foren tauschten sich Teilnehmende zu
Themen wie Kinderhospizarbeit, neuropalliativer Versorgung,
Palliative Care im Krankenhaus, Tageshospiz, Caring Communities und
rehabilitativer Palliativversorgung aus.
Online berichtete Dr. Patrick Schuchter in seinem Vortrag über
ausgewählte Erkenntnisse aus einem aktuellen Forschungsprojekt Über
das Lebensende philosophieren. Am Lebensende philosophieren?
Rebecca Tiberini, Pionierin der Rehabilitativen Palliative Care,
betonte die Notwendigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit, um die
Lebensqualität und Selbstständigkeit der Menschen optimal stärken zu
können.
Ein Beispiel für innovative Versorgungsentwicklung stellten Dr.
Christina Grebe und Dr. Markus Hutterer vor: Ihr trägerübergreifendes
Projekt integriert Hospiz und Palliative Care und Medizinethik
dauerhaft in die Krankenhausstrukturen – als Antwort auf längere
Krankheitsverläufe und komplexere Therapieentscheidungen.
Zwtl.: Was gibt Mut in schweren Zeiten?
Den emotionalen Abschluss gestaltete Schauspieler Samuel Koch ,
seit einem Unfall bei „Wetten, dass…! vom Hals abwärts gelähmt, der
die Bedeutung von Verbundenheit, Dankbarkeit und innerer Haltung für
den Umgang mit schweren Lebenssituationen hervorhob: „Ich bin
wertvoll, weil ich bin.“
Barbara Schwarz , Präsidentin von HOSPIZ ÖSTERREICH, resümierte:
„Hospizarbeit bedeutet weit mehr als Pflege und Medizin. Sie steht
für Beziehung, Würde und Teilhabe – für alle Menschen, in allen
Lebenslagen.“