Kahlschlag bei Swarovski geht weiter: Bis zu 400 Mitarbeiter:innen sollen abgebaut werden.

Innsbruck (OTS) – Bereits im März schlug
Swarovski-Zentralbetriebsratsobfrau Selina
Eder in der Tiroler Arbeiterzeitung Alarm und erntete dafür heftige
Kritik: Der Standort Wattens spiele bei der Konzernführung von
Swarovski keine große Rolle mehr, so Eders Aussagen damals. Nun zeigt
sich auf dramatische Weise, dass das Urteil des Zentralbetriebsrats
den Tatsachen entsprach: Von den derzeit noch in Wattens tätigen rund
2.200 Beschäftigten sollen Anfang 2026 mindestens 400 weitere
abgebaut werden. Die Zahl könnte sich noch auf 500 erhöhen, sollte
der überwiegende Teil der restlichen Belegschaft nicht auf eine von
der Konzernführung angestrebte Arbeitszeitreduktion eingehen.

„Das ist die Bankrotterklärung für die Strategie der
Konzernführung und für den Standort Wattens“, kritisiert AK Präsident
Erwin Zangerl die Pläne scharf. „Es zeigt sich, dass die von der
Konzernführung abgelegten Bekenntnisse zum Standort, wie befürchtet,
bloß Lippenbekenntnisse gewesen sind, die Zukunft von Swarovski in
Wattens ist ungewiss“, so Zangerl. Dabei haben Bund und Land über
Jahrzehnte mit viel Steuergeld Swarovski immer wieder unterstützt und
aus zahlreichen Krisen geholfen. Auch die Corona-Förderungen oder die
aktuellen Förderungen aus dem Klima- und Energiefonds des Bundes
gehen in die Millionen: „Trotzdem wird seit Jahren versucht, den
Standort auszuhungern, sogar der Verkauf von Firmengelände steht im
Raum. Ich fordere die Konzernführung deshalb auf, klar zu sagen, was
die Pläne für Wattens sind, denn eine zukunftsfähige Strategie ist
nicht zu erkennen. Bisher hat man mit einer Salamitaktik gearbeitet
und den Standort scheibchenweise filetiert, jetzt wird der übrig
gebliebene Teil im Schnellverfahren durch den Fleischwolf gedreht und
zwar mit einer Planlosigkeit, die nur einen Schluss zulässt: Wattens
wird als Standort nicht mehr benötigt. Das ist Landesverrat und wir
werden uns hier ganz klar auf die Seite von Land und Leuten stellen“,
sagt Zangerl deutlich.

Für Tirols AK Präsidenten, der seit Jahren für den Standort
Wattens eintritt und die undurchsichtigen Pläne der Konzernführung
mehrmals kritisiert hat, ist das, was sich derzeit beim
Kristallkonzern abspielt, nur traurige Bestätigung zahlreicher
Warnungen. „Die Beschäftigten sind nur mehr Teil eines Organigramms,
die Schicksale, die dahinterstehen, spielen in den Plänen der
Konzernführung ganz offensichtlich keine Rolle.“ Gleichzeitig warnt
Zangerl vor den Plänen einer Arbeitszeitreduktion für alle
Mitarbeiter:innen. Denn eine Verkürzung der Arbeitszeit wirkt sich
nicht nur auf den Lohn, sondern auch auf viele andere Bereiche aus.
Zudem gibt es keine Garantie, dass Mitarbeiter:innen, die ihre
Arbeitszeit kürzen, nicht doch mit Ende 2026 gekündigt werden.

Vorerst sind jedenfalls 400 Personen betroffen. Dann soll es zur
Arbeitszeitreduktion kommen. Der Druck, der dabei auf die
Mitarbeiter:innen ausgeübt wird, ist enorm: Wenn der überwiegende
Teil der Beschäftigten seine Arbeitszeit nicht reduziert (was mit
erheblichen Einbußen verbunden ist), sollen weitere Mitarbeiter:innen
entlassen werden, die Rede ist von mindestens 100.

„Sämtliches unternehmerisches Risiko wird auf die Beschäftigten
abgewälzt, die mit der Ankündigung einer Arbeitszeitreduktion in die
Ecke gedrängt werden“, kritisiert Zangerl, der auch vor den Folgen
warnt: „Es gibt seitens der Konzernführung keine Garantie oder
Zusage, dass auch nur ein Arbeitsplatz eines einzelnen Mitarbeiters
durch die Reduktion der Arbeitszeit sicher ist. Ebenso sinkt bei
drohender Arbeitslosigkeit die Bemessungsgrundlage des
Arbeitslosengeldes, auch das Pensionskonto wird mit der niedrigeren
Basis befüllt – die Pension wird niedriger ausfallen, als erwartet“,
so Zangerl.

Gezielter Personalabbau

Die Geschichte des Personalabbaus bei Swarovski zieht sich
mittlerweile über 17 Jahre. Mitarbeiter werden teils in Wellen
gekündigt, Stellen werden nicht mehr nachbesetzt. Diese Abgänge haben
horrende Auswirkungen auf die restliche Belegschaft, denn das
Arbeitsausmaß und die Belastungen werden nicht an den verringerten
Mitarbeiterstand angepasst. Allein von Jänner 2023 bis Oktober 2025
sank die Zahl der Mitarbeiter:innen bei Swarovski um rund 600
Personen, seit 2007 wurden nicht weniger als 5.000 Arbeitsplätze
abgebaut.

Dabei wird gezielt und bewusst Personal abgebaut, die Auslagerung
von Arbeit etwa nach Polen oder in Nicht-EU-Länder wie Serbien oder
die Schweiz bzw. an Produktionsstandorte in Asien wie Thailand,
Indien oder Vietnam hat die Situation in Wattens zusätzlich
verschärft.

Nun soll neben den personellen Einsparungen auch der Großteil der
Nachtschichten wegfallen (Ausnahme Glashütte), was wiederum zu
finanziellen Einbußen bei den Beschäftigten führt, gestrichen wird
auch der hauseigene Werksverkehr, der die Beschäftigten von und zur
Arbeitsstätte befördert.

Swarovski: Eine Geschichte der Krisen

Die erste große Krise bei Swarovski kommt bereits in den 1970er
Jahren. Die Nachfrage nach Schmucksteinen und Lustern bricht in Folge
des Ölpreisschocks weltweit zusammen, über 40 Prozent der damals
2.700 Mitarbeiter:innen werden abgebaut, nur mit Unterstützung von
Land und Bund gelingt es, noch schlimmere Auswirkungen zu verhindern.
Diese Unterstützungen sowie die damalige Innovationskraft von
Mitarbeiter:innen führen das Unternehmen wieder nach oben. Mitte der
1980er erleidet man jedoch teuren Schiffbruch mit der Übernahme der
US-Schmuckhandelskette Zale, die 1992 mit Verbindlichkeiten von 1,1
Milliarden Euro in Konkurs geht. Anfang der 2000er Jahre kommt es zum
Managementwechsel, die Konkurrenz aus „Billiglohnländern“, so die
damalige Begründung, führt 2008 zur Entlassung von 700
Mitarbeiter:innen, weitere 1.100 folgen. Das 2010 in China eröffnete
Werk schließt bereits 2015, ein neuer Produktionsstandort wird in
Serbien eröffnet. Von den Spätfolgen des Managementwechsels 2002
erholt sich Wattens nicht, insgesamt gingen seit 2007 5.000
Arbeitsplätze in Wattens verloren, weitere werden folgen.

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