Wien (OTS) – Wer in Österreich in einem Haushalt mit ausreichend
Einkommen lebt,
gilt gemeinhin als finanziell abgesichert – auch dann, wenn kaum oder
kein eigenes individuelles Einkommen vorhanden ist. Die von der
Caritas in Auftrag gegebene und am 15. Oktober zum Auftakt der
Caritas-Inlandskampagne präsentierte Studie von Katrin Gasior nimmt
auf Basis bisher nicht ausgewerteter Daten die ökonomische Situation
von nicht-alleinlebenden Frauen in den Blick und macht deutlich: Jede
dritte Frau in Österreich ist ohne ein weiteres Einkommen im Haushalt
einem hohen Armutsgefährdungsrisiko ausgesetzt. Die Studie analysiert
die individuelle Situation von Frauen, statt den gesamten Haushalt
wie bislang üblich. Sie zeigt so verdeckte Armutsrisiken in
unterschiedlichen Lebenslagen auf und beleuchtet strukturelle
Ursachen von Frauenarmut.
Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler: „Die Studie führt
uns ganz klar vor Augen: Wer kein eigenes existenzsicherndes
Einkommen hat, bewegt sich auf dünnem Eis. Eine Trennung, ein
Jobverlust oder eine Erkrankung des Partners – von einem auf den
anderen Tag kann das für viele Frauen in Österreich ein Leben unter
der Armutsgefährdungsgrenze bedeuten.“ Es gelte, diese ungerechten
Strukturen aufzubrechen und daran zu arbeiten, den Zusammenhang von
verfestigten Rollenbildern und ungleicher Verteilung von bezahlter
und unbezahlter Arbeit ernst zu nehmen sowie strukturelle Schieflagen
und Armutsrisiken durch Sozial- und Steuerreformen nicht zu
zementieren, sondern aufzulösen, so die Caritas-Präsidentin weiter.
Zwtl.: Ohne weiteres Haushaltseinkommen: Jede dritte nicht
alleinlebende Frau ist armutsgefährdet
Frauen haben in Österreich ein dreimal höheres Armutsrisiko als
Männer in Haushaltsgemeinschaften. Mit einer Familiengründung erhöht
sich das Armutsrisiko von Frauen spürbar, und mit jedem Kind noch
einmal stärker, während es bei Männern sinkt. „Das bedeutet im
Klartext, dass in Krisensituationen, bei einer Trennung, Jobverlust
oder Erkrankung das Leben unter der Armutsgefährdungsschwelle für ein
Drittel der Frauen, die mit anderen zusammenleben, von einem auf den
anderen Tag schlagartig Realität werden kann“, erklärt Nora Tödtling-
Musenbichler.
Zwtl.: Armut ist weiblich, weil unbezahlte Arbeit weiblich ist
„Dass Frauen in gemeinsamen Haushalten ein dreimal höheres
Armutsrisiko haben als Männer ist kein Zufall, sondern hat System.
Ein zentraler Grund ist die ungleiche Verteilung von bezahlter und
unbezahlter Arbeit. Frauen übernehmen in Österreich nach wie vor den
Großteil der Sorgearbeit – von Kinderbetreuung bis zur Pflege
Angehöriger. Sie können dementsprechend weniger bezahlte
Erwerbsarbeit leisten“, erläutert Studienautorin Dr.ª Katrin Gasior,
Senior Research Fellow am Southern African Social Policy Research
Insights (SASPRI). Über die Hälfte der Frauen, die mit anderen
zusammenleben, arbeiten weniger als 35 Stunden. Bei den Männern seien
es hingegen nur 7 Prozent, so Gasior. „In der Studie wird sichtbar:
Insbesondere Frauen, die weniger als 20 Stunden arbeiten, haben mit
64 Prozent ein enorm hohes Armutsrisiko.“
Zwtl.: Frauenarmut als strukturelles Problem – die Politik ist
gefordert
Ein weiteres Faktum sei, dass Sozial- und Steuerleistungen in
Österreich die ökonomische Benachteiligung nach Geschlecht nicht
ausgleichen, so Katrin Gasior. „Sie reduzieren das Armutsrisiko von
Männern in Haushaltsgemeinschaften sogar stärker als das von Frauen.
Auffällig in diesem Zusammenhang ist auch, dass das individuelle
Armutsrisiko von Frauen in den letzten zehn Jahren nur schleppend
gesunken ist.“ Der Sozialstaat wirke zwar, so die Wissenschaftlerin,
aber er wirke eben nicht für alle gleich, denn viele Sozialleistungen
seien nach wie vor stark auf das Modell des typisch männlichen
Vollzeiterwerbs ausgerichtet. „Auf diese Weise wirken sich
traditionelle Rollenverteilung und daraus resultierende ungleiche
Einkommen weiter aus. Das wichtige an der vorliegenden Studie ist
auch, dass sie den geschlechtsspezifischen Blickwinkel nicht
vernachlässigt. In Standardstudien wird die finanzielle Abhängigkeit
und das hohe Risiko von Frauen einfach nicht gesehen.“
Zwtl.: Schieflage beim Armutsrisiko reduzieren
Caritas-Präsidentin Tödtling-Musenbichler: „Die Studie zeigt uns
auch: Ist bezahlte Arbeit zwischen Männern und Frauen gleicher
verteilt, reduzieren sich die Schieflagen beim Armutsrisiko. Es gibt
also Lösungsansätze, die es sich lohnt weiterzuverfolgen! Wir fordern
als Caritas ein Kinderbetreuungsgeld, das Halbe-Halbe wirklich
ermöglicht und absichert. Wir wollen Maßnahmen zur Erhöhung der
Väterbeteiligung bei Care-Arbeit sehen. Eine echte Unterhaltsgarantie
muss dringend eingeführt werden, um Frauen und Kinder abzusichern.
Faire Bezahlung und Arbeitszeitmodelle sowie Rahmenbedingungen, die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen verbessern, sind
unerlässlich! Natürlich erfordert das, die Kinderbetreuung
auszubauen. Außerdem muss es eine faire Anrechnung der Care-Arbeit
auf die Pension geben und effektive Maßnahmen gegen Altersarmut von
Frauen sind notwendig. Wir fordern Sparmaßnahmen, die sozial gerecht
sind. Denn Frauen verdienen eine gute Zukunft. Das Geschlecht darf
nicht das Armutsrisiko bestimmen, das sollte wohl im Jahr 2025 allen
klar sein. Armut ist kein Schicksal, Armut ist die Folge ungerechter
Strukturen!“
Die Studie „Versteckte Armut? Das Armutsrisiko von nicht-
alleinlebenden Frauen in Österreich“ finden Sie unter
www.caritas.at/studie-versteckte-armut .
Zwtl.: So hilft die Caritas:
–
69 Sozialberatungsstellen österreichweit
–
in unserer Online-Sozialberatung für Menschen in sozialen und
finanziellen Notlagen www.caritas.at/online-sozialberatung
–
digitale Angebote unter www.caritas-wegweiser.at
–
50 Familienberatungsstellen österreichweit
–
72 Lerncafés für über 2.400 Kinder und Jugendliche
–
72 Wohnungsloseneinrichtungen davon 10 Mutter-Kind-Häuser
–
Caritas-Einrichtungen wie zum Beispiel Sozialmärkte,
Lebensmittelausgabestellen und Beschäftigungsprojekte
Caritas-Spendenkonto
Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, BIC GIBAATWWXXX
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Online-Spenden: www.caritas.at/helfen
Wir bedanken uns herzlich bei Erste Bank und Sparkassen für die
langjährige Unterstützung der Caritas-Inlandskampagne!