Wien (OTS) – Die Hunger- und Mangelernährungskrise in Gaza hat den
schlimmsten
Stand seit Oktober 2023 erreicht. Trotz internationaler Bemühungen
reicht die Menge an humanitärer Hilfe bei weitem nicht aus, um den
immensen Bedarf zu decken. Besonders dramatisch ist die Lage der
Kinder: Laut offiziellen Angaben haben bis zu 44.000 Kinder ihre
Eltern verloren – darunter rund 19.000, die beide Elternteile
verloren haben.
SOS-Kinderdorf im Einsatz für Kinder in Gaza
Seit Beginn des Krieges leistet SOS-Kinderdorf umfassende
Nothilfe in Gaza und konnte bislang rund 53.000 Menschen erreichen.
In Khan Younes wurde ein Camp errichtet, in dem derzeit 197 Menschen
leben, darunter 65 Kinder. Die Mehrheit dieser Kinder ist unbegleitet
oder von ihren Familien getrennt. Einige kommen zudem aus
alternativer Betreuung aus dem ehemaligen, vollständig zerstörten SOS
-Kinderdorf in Rafah. Trotz der schwierigen Bedingungen konnten
bereits 45 unbegleitete Kinder wieder mit ihren Herkunftsfamilien
vereint werden.
Psychosoziale Unterstützung und Hilfe zum Überleben
Neben der Versorgung mit dem Nötigsten liegt ein Schwerpunkt der
Arbeit auf psychosozialer Unterstützung. Bis heute haben mehr als
30.000 Menschen Zugang zu Mental-Health- und psychosozialen Angeboten
erhalten. Weitere 16.600 Menschen konnten durch Bargeldhilfen
unterstützt werden, um ihre dringendsten Bedürfnisse nach Nahrung,
Hygieneartikeln und Wasser zu decken. Auch Bildung bleibt ein
entscheidender Faktor, denn 89% der Schulen wurden beschädigt oder
zerstört: 1.300 Kinder nehmen an Bildungsangeboten teil, und 4.500
Lernmaterialien wurden verteilt. Insgesamt konnten so mehr als 31.000
Kinder von den Maßnahmen von SOS-Kinderdorf profitieren.
Stimmen aus Gaza
Reem Alreqeb, Programmleiterin von SOS-Kinderdorf in Gaza,
beschreibt die Situation eindringlich:
„Leben im Camp bedeutet ständiger Kampf – um Wasser, Strom, Essen und
so viele andere Dinge, die Kinder und Betreuer*innen dringend
brauchen. Trotz dieser unvorstellbaren Herausforderungen arbeitet
unser Team unermüdlich für das Wohl der Kinder.“
Viele Kinder, so Alreqeb, seien schwer traumatisiert. „Manche
Kinder haben ihre Eltern verloren oder miterlebt, wie sie getötet
wurden. Einige wissen nicht einmal mehr, woher sie stammen. Ihnen
Hoffnung und Geborgenheit zu geben, ist unsere tägliche Aufgabe.“
Trotz der schwierigen Umstände schöpfen die Helfer*innen Mut aus
den Kindern selbst. „Oft fühlen wir uns erschöpft und ohne Hoffnung.
Doch wenn Kinder von ihren Träumen erzählen Ärzt*in, Krankenpfleger*
in, Anwält*in zu werden, dann spüren wir, dass unsere Arbeit wichtig
ist.“
Humanitärer Zugang dringend notwendig
Der Zugang für humanitäre Konvois nach Gaza bleibt weiterhin
stark eingeschränkt. Nur acht Organisationen – darunter das
Welternährungsprogramm (WFP) – dürfen derzeit Hilfsgüter in das
Gebiet bringen. Gleichzeitig sind die Routen innerhalb des
Gazastreifens hochriskant, was die Versorgung zusätzlich erschwert.
SOS-Kinderdorf fordert daher dringend einen sicheren, ungehinderten
und kontinuierlichen humanitären Zugang, um Kinder und Familien
nachhaltig unterstützen zu können.
Österreichische Hilfsorganisationen vor dem Bundeskanzleramt:
Regierung muss für konkrete Maßnahmen für die Menschen in Gaza
eintreten
Vier österreichische Hilfsorganisationen, die in Gaza Hilfe
leisten, rufen die österreichische Bundesregierung auf, Gaza erneut
auf die Agenda zu setzen. Ärzte ohne Grenzen, Caritas, Diakonie und
SOS-Kinderdorf fordern: Die Bundesregierung muss dringend ihre
politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten nutzen
und für einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand,
ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe sowie die sofortige
Freilassung der Geiseln aktiv werden.
Die vier Organisationen überbrachten der Bundesregierung vor der
heutigen Ministerratssitzung ein sichtbares Klemmbrett mit
Tagesordnungspunkten zu Gaza. Die Regierung muss dringend aktiv
werden und auf einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand in
Gaza hinwirken. Darüber hinaus braucht es umgehende und wirksame
Maßnahmen gegen Hunger, für eine Aufhebung der Blockade von
Hilfslieferungen und für die Beendigung des tödlichen Verteilsystems
der Gaza Humanitarian Foundation. Schwer kranken oder verletzten
Menschen, für die es in Gaza keine Behandlungen mehr gibt, müssen
lebensrettende medizinische Evakuierungen ermöglicht werden. Über
allem steht: Das humanitäre Völkerrecht muss unter allen Umständen
gewahrt werden. Dazu zählt sowohl der Schutz von medizinischem
Personal, Patient*innen und Gesundheitseinrichtungen, humanitären
Helfer*innen und Zivilist*innen – insbesondere von Kindern – als auch
die sofortige Freilassung von Geiseln und willkürlich Inhaftierten.
Weitere Infos unter : https://www.sos-kinderdorf.at/gaza